Fahrradalltag
Unterschiede bei der körperlichen Beanspruchung auf dem Liegerad und dem normalen Fahrrad
Drei Kontaktpunkte, um sie alle zu knechten - so könnte man das Fahren eines normalen Fahrrads beschreiben. Für ein Liegerad gilt das allerdings überhaupt nicht!
Fragt man einen gewöhnlichen Radfahrer nach seinen Beschwerden hört man zumeist folgende Dinge:
- Taube Hände
- Schmerzende Schultern
- Verspannte Nackenmuskulatur
- Rückenschmerzen
- Taubheitsgefühle im Genitalbereich
- (Schmerzen im Kniebereich)
- (Taube oder schmerzende Füße)
Ursächlich für die meisten der Leiden ist im Grunde folgender, einfacher, physikalischer Zusammenhang:
Sprich, je kleiner die Fläche bei gleicher einwirkender Kraft, desto größer der Druck und somit auch die Belastung. Dies ist auch ursächlich dafür, dass bei größeren Belastungen Rohre mit größerem Durchmesser oder massivere Schrauben eingesetzt werden. Würde die Belastung hier nämlich auf die gleiche Fläche wirken, so würde der Druck und somit die mechanische Beanspruchung stark ansteigen.
Beim Radfahren kommt dieser Umstand folgendermaßen zum Tragen.
Der Radler hat zu seinem Fahrrad genau drei Kontaktpunkte:
- Sattel (Po)
- Pedale (Füße)
- Lenker (Hände)
auf eben diese drei verteilen sich die Gewichtskraft sowie die Antriebskraft des Radfahrers.
Je nach Sitzposition, welche maßgeblich durch Fahrradgattung und die Geometrie des Rads bestimmt wird, werden diese drei Kontaktpunkte unterschiedlich stark belastet. Auf dem Hollandrad ist die Belastung des Sattels am größten, während beim anderen Extrem, dem Rennrad, die Belastung für die Hände und Füße größer wird. Je nach Sitzposition auf dem Rad (sehr aufrecht oder sehr gestreckt) kommt es dann zu anderen Beschwerden.
So lastet in allen Fällen auf einer relativ kleinen Fläche eine vergleichsweise hohe Kraft. Bemerkbar macht sich dies vor allem bei mehrstündigen Touren, da hier lange Zeit eine hohe Belastung vorherrscht. Effektiv Vorbeugung leisten lässt sich hierbei nur durch Training der Schulter- und Nackenmuskulatur (bei gestreckter Sitzposition) sowie durch eine Variation der Hand- und Poposition beim Fahren (bei beiden Fahrpositionen). Gängig sind bei Tourenfahrern deswegen etwa der Wiegetritt zur Vermeidung von zu langer statischer Haltearbeit oder aber Multipositionslenker sowie Lenkergriffe mit großer Auflagefläche.
Ergonomische Griffe (hier von der Firma "Ergotec") vergößern die Auflagefläche der Hände am Lenker, sodass aufgrund der größeren Fläche die Druckbelastung sinkt
Warum die Leiden des Radfahrers nicht die des Liegeradlers sind
Auch am Liegerad spielt die magische Zahl drei eine große Rolle, hier hat der Radfahrer genau die gleiche Anzahl an Kontaktpunkten mit seinem Rad. Wichtiger Unterschied ist allerdings – die Kontaktfläche ist um einiges größer. Statt einem mikroskopisch kleinen Sattel steht hier eine ganze „Liege“ zur Abstützung des eigenen Körpergewichts zur Verfügung. Durch die Schwerpunktlage lastet der Großteil der Gewichtskraft des Körpers auf eben diesem Sitzpolster. Ebenfalls geringer ist der Druck auf die Füße, da nicht mehr ein großer Anteil des Körpergewichts diese zu Boden drückt, sondern nur noch ein sehr geringer. Die Druckbelastung welche Normalradler vom Abstützen am Lenker kennen entfällt komplett, dafür muss eine ähnliche lästige Haltearbeit geleistet werden.
Liegeräder sind nicht nur für ihren "Panoramablick" bekannt, sondern auch für ihre enstpannte Sitzposition im breiten Liegeradsitz
Anstatt die Hand auf dem Griff abstützen zu können
muss beim Liegerad Haltearbeit geleistet werden
Aber auch beim Liegerad können Schmerzen auftreten. Entscheidend um hier Schmerzen vorzubeugen, etwa im Rücken oder den Knien, ist neben der Auswahl des richtigen Sitzes und Sitzwinkels, vor allem die richtige Längeneinstellung. Ein zu wenig oder zu weit gestreckter Fuß kann das Fahrvergnügen sowie die Effizienz maßgeblich beeinflussen.
Fazit zum Thema Ergonomie beim Normalrad und Liegerad
Ein schlecht eingestelltes Rad sowie lange statische Belastung führt meist zwangsweise zu Beschwerden beim Radfahren. Egal ob Liegerad oder Mountainbike – ein perfekt auf den eigenen Körper abgestimmtes Rad und ein gewisses Training ist essentiell. Gerade Leute mit Bandscheiben- oder Rückenproblemen sollten eventuell ausprobieren auf ein - möglichst gefedertes - Liegerad umzusteigen. Gerade bei dreirädrigen Liegerädern kann auch ein Nachlassen der eigenen Muskelkraft oder der Koordinationsfähigkeit gut kompensiert werden. Und nicht zuletzt ist der Ampelstopp auf dem Liegerad um einiges leichter als auf dem Rennrad mit Klickpedalen.